Spitzenküche für Spitzenpolitiker?
- jan-goeran-barth
- 25. Mai
- 2 Min. Lesezeit
Immer häufiger kritisieren Kolleginnen und Kollegen aus der Gastronomie, dass sich politische Entscheidungsträger in der Öffentlichkeit mit Fast Food inszenieren – etwa bei der „Goldenen Möwe“. Diese Bilder, auf offiziellen Social-Media-Kanälen verbreitet, sind mehr als harmlose Alltagsmomentaufnahmen: Sie transportieren Botschaften, setzen Maßstäbe und prägen Esskulturen.
Zweifelsohne ist auch ein Politiker Mensch, dem eine gelegentliche kulinarische Eskapade außerhalb des Protokolls nicht verwehrt sein sollte. Doch sobald solche Restaurantbesuche in offiziellen Social-Media-Kanälen zur Schau gestellt werden, geraten sie in den Bereich politischer Kommunikation – und damit in die Verantwortung für das vermittelte Bild.

In einer Zeit, in der Übergewicht, Fehlernährung und Lebensmittelverschwendung zu gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen geworden sind, sollte gerade die politische Elite mit gutem Beispiel vorangehen. Das beginnt nicht bei der veganen Menükarte, sondern bei der bewussten Entscheidung für Qualität, Regionalität und Esskultur. Essen ist nicht nur Nahrungsaufnahme, sondern Ausdruck von Haltung – kulturell, gesundheitlich, ökologisch.
Insbesondere Kinder und Jugendliche orientieren sich an medial verbreiteten Bildern. Wenn also Spitzenpolitiker den Big Mac mit einem Augenzwinkern präsentieren, statt die Vielfalt und Exzellenz heimischer Küchen zu würdigen, verkennen sie ihre Vorbildrolle.
Gerade in einer Gesellschaft, in der Ernährung zur politischen, sozialen und kulturellen Frage geworden ist, sollten Vertreter staatlicher Institutionen für Qualität, Regionalität und Gesundheitsbewusstsein werben – nicht nur mit Worten, sondern durch Taten. Esskultur ist Identitätskultur. Wer in der globalisierten Gegenwart für deutsche Weine, regionale Produkte und handwerkliche Kochkunst steht, verteidigt nicht nur den Gaumen, sondern auch Werte wie Nachhaltigkeit, Respekt und Bildung.
Ich spreche aus Erfahrung: Seit 25 Jahren koche ich mit einem hervorragenden Team im Schloss Bellevue. Keine Sterneköche – aber eine Küche, die dem Stern würdig ist. Wir servieren deutsche Kulinarik auf höchstem Niveau, pflegen unsere Weinkultur und empfangen mit dieser Haltung Gäste aus aller Welt – Bürger wie Präsidenten. Denn am Tisch sind alle gleich. Und alle kommen in den Genuss kulinarischer Sterne – auch ohne Auszeichnung im Michelin.
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